Fahnen

Die Fahnen der Bürgerschützengesellschaft

Schon im frühen Mittelalter galt die Fahne als Kriegs- und Erkennungszeichen und als Sammelpunkt der einzelnen Heeresteile. Sie sollte den Kriegern Herz und Mut im Kampf geben, und sie war Symbol des Sieges. Im 12. Jahrhundert erscheinen die ersten bunten Fahnentücher mit auffallendem Aussehen auch in zivilen Bereichen, so beim Adel, bei Kunst- und Handwerksgilden und anderen Vereinigungen.

Als Ehren- und Prestigesymbol fand die Fahne die größte Hochachtung während der blühendsten Periode der bürgerlichen Freiheit und erreichte schließlich bei allen Nationen der Welt eine politische Bewertung bei den internationalen Beziehungen.

Sie war und ist seit jeher Symbol der Einheit und Freiheit. Die bunten Fahnen, meist mit Wappen und Sinnbildern verziert, weisen auf eine Bedeutung hin und schildern oft die gesamte Geschichte eines Volkes oder eines Vereins. Bei Feierlichkeiten oder zu erhebenden Anlässen ist die Fahne stets Mittelpunkt und Zeuge ethischer' Gesinnung und Kultur.

Die Bürgerschützengesellschaft Holzminden, mit einer über 300jährigen Tradition, ist im Besitz einer alten historischen Fahne und einer Vielzahl von Schwenkfahnen, deren Ursprung zum Teil bis zum Gründungsjahr der Gesellschaft zurückreicht. Die alte Traditionsfahne, die durch den Zahn der Zeit zerschlissen ist, wird nur noch bei besonderen Anlässen gezeigt. Mehrere Plaketten auf dem Fahnenschaft erinnern an verschiedene Ereignisse im Mittelalter und nennen markante Daten der Stadtgeschichte.

Außerdem ist noch eine alte weiße, vom Unbill der Jahrhunderte zerschlissene Schwenkfahne vorhanden, mit Lorbeerkranz und blau-gelber Schleife, mit hochschreitendem Löwen, züngelnd mit Krone auf dem Haupt und der Jahreszahl 1668.

Wegen Verschleiß müssen die Schwenkfahnen immer erneuert werden und es traten im Laufe der Jahrhunderte erhebliche Unterhaltungskosten auf, die zum Teil durch hochherzige Spenden beglichen
werden konnten. So wurde um 1770 eine Fahne durch den Prinzen von Braunschweig-Bevern gestiftet. Im Jahre 1781 mussten die rote und blaue Fahne erneuert werden. Die Restaurierung und Erneuerung dieser Fahnen nahmen Fahnenmaler, im Jahre 1781 Maler Bleifeld Höxter), nach dem Zweiten Weltkrieg Maler Bedey (Höxter) vor.

Die Kosten für die 1781 erneuerten Fahnen betrugen 55 Reichstaler, neun Mariengroschen und sechs Pfennige, also ein Viertel der Gesamtkosten eines damaligen Schützenfestes.

Schwenkfahnen anzufertigen ist künstlerische Handwerksarbeit. Das Fahnentuch ist aus reiner Seide. Die Farben müssen bruchfest und lichtecht sein. Die Wappen und Embleme sind von Hand gemalt. Leider haben die alten Meister die Rezepturen zur Herstellung dieser Farben nicht weitergegeben und es gibt im westeuropäischen Raum kaum jemanden, der solche Kunstwerke nach alter Manier herstellen kann.

Die in den letzten Jahren gefertigten Fahnentücher sind aus Synthetik und die Embleme im Siebdruckverfahren aufgebracht. Hersteller war die Fahnenfabrik „TOBI“-Fritz Thies, Bielefeld.

Zur Zeit stehen zur Ausführung des Fahnenspiels zwölf Schwenkfahnen zur Verfügung. Wie schon berichtet wurde dieses Spiel bis Ende der 1950er Jahre von vier Fähnrichen dargeboten und durch Verwendung der vier Kompaniefahnen die Einigkeit der Kompanien symbolisiert.

Alter, Herkunft und Sinnbilder der Schwenkfahnen

Der Ursprung der vier ältesten Schwenkfahnen der Bürgerschützengesellschaft, der so genannten Kompaniefahnen, liegt weit über 300 Jahre zurück. Sie entstammen der Zeit nach dem 30jährigen Kriege, als der Landesfürst die Gründung von Bürgerschützengilden in allen braunschweigischen Städten anregte und die Abhaltung von Schützenfesten unterstützte, um die Gemeinschaft zu fördern.
Junge Bürger sollten sich im Schießen üben und auch bereit sein, ihre Stadt gegen landfremde Landsknechte und herumziehende Söldner zu verteidigen. Die vier Kompanien der' Holzmindener Bürgerschützenwehr übernahmen für ihre Fahnen die Zeichen und Wappen ihrer Stadt und ihres Landesherren.

Holzminden war nach der Gründung durch die Grafen Everstein und durch die Verleihung der Stadtrechte 1245 durch Otto II von Everstein in einer wechselvollen Geschichte in verschiedene Hände übergegangen. Die Macht des Grafengeschlechts schwand schnell dahin.
Wie die Welfen, aus östlicher Richtung kommend, drängte auch der Erzbischof von Köln aus westlicher Richtung zur Weser. Sie erkannten früh, daß der Fluss eine nicht unwichtige Wasserstraße
darstellte. In der Folgezeit ging die Macht und das Eigentum der Eversteiner und somit auch die Stadt Holzminden an den Erzbischof zu Köln und später an die Edelherren zu Lippe über. In einem Erbfolgekrieg, an dem die Eversteiner, die Lippischen und die Braunschweiger Herzöge beteiligt waren, geriet Holzminden zwischen die Fronten.

Mit Hermann VII von Everstein erlosch das Geschlecht und die Stadt Holzminden, seit Jahrhunderten mit ihm verbunden, fiel den Welfen zu. Das im Reichstag zu Mainz 1235 entstandene Herzogtum Braunschweig-Lüneburg war durch wiederholte Landesteilungen in verschiedene Teile zerfallen und Holzminden wurde 1519 welfisch. Manche Historiker halten 1495 als das Jahr fest, an dem unsere Stadt endgültig an das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel fiel.

Holzminden ist somit über vier Jahrhunderte mit dem Herzogtum und seinem Welfenhaus verbunden. Die Stadt Holzminden stand treu zu den Landesherren und galt als südlicher Eckpfeiler des im Jahre 1564 begründeten niedersächsischen Reichskreises. Die Bürger und besonders die Schützen pflegten enge und freundschaftliche Beziehungen zum Herzoghaus. So stiftete Herzog Ferdinand I im Jahre 1668 die erste Medaille für den Schmuck der Junggesellenkönige beim Schützenfest und der Prinz von Braunschweig-Bevern im Jahre 1770 eine Fahne für die Bürgerschützengesellschaft.

Die Farben der Uniform Schärpe der Schützen entspricht heute noch den Landesfarben blau-gelb. Die Embleme der Kompaniefahnen spiegeln die Zeitgeschichte wieder und dokumentieren die Zugehörigkeit Holzmindens zum Herzogtum Braunschweig.